SCHEVE Atelier

Das Färben mit Pflanzen

Farben sind Lichtwellen unterschiedlicher Frequenzen. Also Schwingungen, die das menschliche Auge und Gehirn wahrnehmen und verarbeiten. Jede Farbe hat eine spezifische Wellenlänge und damit eine eigene, einzigartige Schwingung, die sich auf Körper und Psyche auswirken kann.

Beim Färben mit Pflanzen entsteht eine Art Verbindung zwischen der Pflanze, ihrem Duft, dem Stoff und mir. Viele Färbepflanzen waren und sind heute noch Heilpflanzen. Daher glaube ich, dass jedes gefärbte Kleidungsstück beim Tragen Lebensenergie/Heilenergie abgeben kann. Naturfarben werden aus Sonnenenergie geboren und genährt. Möglicherweise überträgt sich das auch auf den Stoff. Jeder Färbevorgang ist einmalig und daher nicht wiederholbar. Das macht jedes pflanzengefärbte Kleidungsstück zu einem Unikat.

Unsere Mission ist es, die belastenden Auswirkungen der Textilindustrie auf Menschen und Umwelt zu reduzieren. Daher widme ich mich ganz den uns natürlich gegebenen Ressourcen.

Dabei achte ich darauf, Materialien und Werkzeuge zu verwenden, die uns die Natur schenkt.

Das Beste am Färben mit Pflanzen ist, dass ich am Ende des Färbeprozesses alle anfallenden Abfallprodukte der Natur zurückführen kann, ohne dass ich ihr damit schade. Somit habe ich einen mehr oder weniger geschlossenen Kreislauf. Pflanzengefärbte Stoffe sind außerdem sehr hautverträglich.

Wie funktioniert das Ganze jetzt?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, mit Pflanzen zu färben. Ich habe mich auf folgenden Prozess spezialisiert:

1. Stoffe entschlichten

Meine Stoffe kaufe ich in der Regel in Rollen. Also so, wie sie in der Fabrik vom Webstuhl abgenommen werden. Beim Weben selbst wird das Garn, damit es nicht brüchig wird und reißt, mit einer sogenannten Schlichte geglättet. Das ist eine Art Imprägnierung. Damit schließlich eine Verbindung zwischen Stofffaser und Farbpigment entstehen kann, müssen die Schlichte wie auch natürliche Fette, die an pflanzlichen Fasern haften, ausgekocht werden. Dazu verwende ich eine Olivenölseife und Waschsoda.

Zunächst wiege ich den Stoff in trockenem Zustand, damit ich nachher weiß, wie viel ich jeweils von den Materialien für den weiteren Prozess benötige.

Zum Entschlichten brauche ich einen großen Topf, da der Stoff sich bei jedem Vorgang gut im Wasser bewegen können muss. Zusammengedrückter Stoff wird nicht gleichmäßig gefärbt. Meine ersten kleinen Projekte konnte ich ganz einfach mit einem 9-Liter- und einem 15-Liter- Topf in der Küche auf dem Herd realisieren. Bei höherem Bestellaufkommen benötige ich aber wesentlich mehr Kapazität, damit ich die Nachfrage auch bedienen kann. Also stand ich vor dem Problem, dass ich einen Topf mit großem Fassungsvolumen brauchte und eine Platte, die diesen Topf inklusive Inhalt erhitzen und das Gewicht auch tragen kann. Eine gute Freundin hat mir hierzu eine geniale Idee geliefert. Danke nochmal an dieser Stelle, Kathi! Sie sagte: „Nimm doch einen Einkochtopf“. - Bis dahin wusste ich nicht mal, was das ist. Also recherchierte ich und suchte nach dem größten Einkochtopf. Bei Klarstein wurde ich dann fündig mit einem Fassungsvolumen von 60 Litern und integrierter Heizplatte. Das war die Lösung!

Ich stelle also die entsprechende Temperatur an meinem Einkochtopf über einen Drehregler ein und bringe somit das Wasser zum Kochen. Ich füge etwa einen Esslöffel und ein bisschen Olivenölseife hinzu. Wenn das Wasser kocht, lasse ich den Stoff so lange kochen, bis das Wasser gelb ist. Das dauert ungefähr zwei Stunden. Danach spüle ich den Stoff und lasse ihn etwa 8 Stunden in Wasser einweichen, damit ich ein besseres Farbergebnis erzielen kann. Denn je aufgeweichter die Faser ist, desto gleichmäßiger nimmt der Stoff die Beize an
und das gewährleistet ein gleichmäßigeres Ergebnis.

Das Abfallprodukt kann ich unbedenklich in den Abfluss kippen.

2. Stoff beizen

Als nächstes muss der Stoff gebeizt werden. Das Wort „beizen“ kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet „beißen“, da die Beize buchstäblich in die Faser beißt und so eine feste Verbindung zwischen Farbmolekül und Faser gewährleistet und damit dauerhaft fixiert.

Wie gut ein Farbstoff an der Faser haftet, lässt sich durch Wasch– und Lichtechtheit ermitteln. Die Färbung ist waschecht, wenn sie auch nach mehrmaligem Waschen und Spülen nicht verblasst. Fachgerecht entschlichtete und gebeizte Stoffe können mit Naturfarbstoffen waschecht gefärbt werden. Lichtecht ist ein Stoff, der unter der Einwirkung von Licht, insbesondere UV-Licht, nicht ausbleicht. Fachgerechtes Beizen fördert die Lichtechtheit der Färbung. Allerdings sind nicht alle Naturfarbstoffe wirklich lichtecht. Im besten Fall verzichtet man beim Aufhängen seiner Kleidungsstücke auf direktes Sonnenlicht. Trotzdem ist es so, dass manche Farben ewig halten, andere hingegen werden mit der Zeit immer blasser. Kommt hier aber auch wieder darauf an, wie gewaschen wird.

Wieder stelle ich die Temperatur so ein, dass das Wasser köchelt. In der Zeit wiege ich das Beizmittel in einer Edelstahlschüssel ab.
Hier verwende ich das Metallsalz Alaun. Die Beizmoleküle reagieren mit dem Stoff und anschließend beim Färben mit den Farbmolekülen. Dadurch geht die Farbe tiefer in den Stoff und wird dauerhafter fixiert.

Das Alaun übergieße ich mit kochendem Wasser und löse es unter Rühren vollständig auf. Die Alaunlösung gieße ich danach in den
Einkochtopf. Nun lege ich den eingeweichten Stoff vorsichtig in die Beize und lasse es unter gelegentlichem Rühren eine Stunde lang köcheln. Dabei achte ich darauf, dass der Stoff immer vollständig eingetaucht ist. Die Stromzufuhr kann ich nach der Stunde trennen und lasse den Stoff über Nacht in der Beize abkühlen. Sobald ich den Färbersud angesetzt habe und ich mit dem Färben beginnen kann, spüle ich die Stoffe und lege sie vorsichtig ins Farbbad.

Die Alaunbeize kann ich mit Wasser verdünnt in der Nähe von säureliebenden Pflanzen wie Heidekraut, Goldregen, Blautannen, Magnolien, Heidelbeeren… verteilen. Oder in den Abfluss schütten.

3. Färbersud ansetzen

Die Herstellung eines Farbbads ist total spannend und beeindruckend. Zu sehen, wie man durch Wasser und Temperatur den Farbstoff der Pflanze extrahieren kann, ist für mich nach wie vor eine Faszination. Man braucht schon Fingerspitzengefühl, damit sich tolle Farben entwickeln können, denn hier sind Temperatur und Zeit die entscheidenden Faktoren. Ohne Zufuhr von Hitze lassen sich die Pigmente nicht vollständig aus der Pflanze lösen. Zu viel Hitze kann die Pigmente zerstören. Es kommt darauf an, wie das Material gegeben ist. Die enthaltenen Pigmente in Blättern, Blüten, Beeren oder Wurzeln dürfen nur sanft geköchelt und nicht gekocht werden, wohingegen Nüsse, Zapfen oder Rinde gekocht werden müssen, um die Pigmente extrahieren zu können. Die Dauer der Färbung spielt ebenfalls eine Rolle, denn tiefe, leuchtende Farben entwickeln sich am besten, wenn der Stoff lange im Farbbad liegt.

Die gewünschte Menge Färbergut wiege ich ab und gebe es in das vorbereitete Wasser. Bei geschlossenem Deckel erhitze ich langsam die Mischung und lasse sie für etwa zwei Stunden köcheln. Jetzt seihe ich den Sud ab. Die Pflanzenreste gebe ich auf den Kompost oder hebe sie für eine erneute
Färbung auf. Je nachdem, welches Pflanzenmaterial ich verwende.

Den eingeweichten und gebeizten Stoff lege ich nun in den Färbersud. Mit einem Holzlöffel drücke ich alle Lufteinschlüsse heraus, sodass der Stoff vollständig eingetaucht ist. Den Färbersud halte ich etwa eine Stunde heiß und lasse danach den Stoff im Sud abkühlen. Nach ein bis zwei Tagen sollte der Stoff kräftig durchgefärbt sein.

Mit dem Sud kann ich nach Beendigung des Prozesses meine Pflanzen gießen oder ihn erneut verwenden.